Optimistisch ging der ESV Lok an seine zweite Saisonaufgabe gegen Aufsteiger
Benshausen zu Werke. Trotz Ausfall der Stammspieler Grube und A. Lehmann
sollte ein Sieg im Bereich des Möglichen liegen.
Verheißungsvoll verlief auch der Beginn der Partien. Keine Partie
sah nach dem Ende der Eröffnungsphase gefährdet aus, auch an
den Brettern, in den Meiningen die schwarzen Steine führte, waren
kaum Gefahrenpunkte auszumachen.
Bereits nach 2 Stunden konnte P. Lehmann an Brett 3 den ersten Punktgewinn
vermelden. Sein sehr passiv eingestellter Gegner schien trotz weißer
Figuren und dem damit verbundenen Anzugsvorteil nur auf eine Punkteteilung
hinaus. Er versuchte, durch möglichst schnellen Abtausches der Figuren
die Partie zu vereinfachen, ließ jedoch Lehmann damit die Chance,
sich der wichtigen offenen Linien im Zentrum mit den Schwerfiguren zu besetzen.
Im Bemühen diesen Nachteil wieder wettzumachen, übersah er, daß
Lehmann bereits einen gefährlichen Königsangriff in petto hatte.
Nach einem ungenauen Zug konnte Lehmann mit Hilfe eines Scheinopfers die
gegnerische Stellung zertrümmern und seinen deprimierten Gegner bereits
nach 22 Zügen matt setzen. In dieser Zeit entwickelte sich auch die
Partie von Vera Latka sehr erfreulich. Ebenfalls mit den schwarzen Steinen
agierend, riskierte sie mutig einen riskanten Königsangriff inklusive
Figurenopfer, der offenbar auf den Gegner großen Eindruck hinterließ.
Er vermied eine mutige Gegenvariante, die ihn offenbar noch hätte
retten können, entschied sich lieber für eine passive Verteidigung
und wurde dabei förmlich erdrückt. Währenddessen mußte
Müller an Brett 2 gegen seinen sich korrekt
verteidigenden Widerpart in ein Remis einwilligen. Kurze Zeit später
strecke Latkas Gegenspieler die Waffen.
Somit stand es 2,5:0,5 bei noch 5 laufenden Partien. An den Brettern
7 und 8 hatten derzeit die beider Ersatzspieler Scheftlein und Walter einen
schweren Stand. Scheftlein hielt lange gegen seinen formell wesentlich
höher eingestuften Gegner mit und verteidigte sich geschickt. Leider
unterlief ihm kurz vor der Zeitkontrolle ein schwerwiegender Mißgriff,
der die Dame und damit auch die Partie kostete. Walter wählte nach
dem Ende der Eröffnungsphase eine etwas zu passive Partiestrategie
und kam im Lauf der Zeit immer mehr unter Druck. Nach dem Verlust von zwei
Bauern versuchte er, offensiv die Partie zu retten. Leider konnte sein
Gegner diese Versuche parieren und die Partie gewinnen.
Am Brett 1 hatte Jörges mit den schwarzen Steinen in seiner gesamten
Partie leider nicht die Möglichkeit in Vorteil zu kommen. Wie schon
Lehmanns Gegner hatte auch hier der Besitzer der weißen Steine nur
im Sinn, kein Risiko einzugehen und ein Remis zu sichern. Er stellte sich
hier allerdings geschickter an als sein Mannschaftskamerad. Dadurch ist
es für den Führer der schwarzen Figuren sehr schwer, eigene Gewinnideen
zu entwickeln. Enttäuscht mußte Jörges die Punkteteilung
akzeptieren.
Damit stand es überraschenderweise 3:3 und die letzten beiden
Partien mußten die Entscheidung bringen. Rößner an Brett
4 hatte nun mittlerweile seit 4 Stunden seinem Gegner schwer zugesetzt.
Ständig konnte er den Druck auf den schwarzen Königsflügel
verstärken und damit Schwächen in der gegnerischen Stellung erzeugen.
Dies dürfte auch die Ursache sein, daß sein Gegenüber die
sich zwischenzeitlich kurz bietende Chance, durch Figurenabtausch sein
Schicksal zu erleichtern, übersah.
Nachdem Rößner schließlich mit 2 Leichtfiguren ins
gegnerische Hinterland eindringen konnte, brach das schwarze Verteidigungsbollwerk
wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Mit diesem Punktgewinn brauche Semisch
an Brett 6 nur einen halben Punkt, um den Mannschaftssieg noch sicherzustellen.
Hier hatte sich ein interessantes Geschehen entwickelt. Semisch hatte mit
furiosem Angriffsspiel und doppeltem Bauernopfer versucht, seinen Widersacher
frühzeitig zu beeindrucken. In einer wilden Partie wurden alle Leichtfiguren
abgetauscht. Die entstandene offene Stellung war für die verbliebenen
Schwerfiguren Dame und Türme wie geschaffen. Semisch war es gelungen,
den feindlichen König aus der sicheren Ecke herauszujagen und mit
seinen Figuren zuzusetzen. Mit seinem eigenen König konnte er sich
sicher hinter einem Bauernbollwerk verstecken. Der
Preis für diese Annehmlichkeiten war, daß die gegnerischen
Mehrbauern schon weit vorgerückt waren und drohten, sich in Damen
umzuwandeln. In dieser schwierigen Stellung nach mittlerweile schon fast
fünfstündiger Spielzeit mußte nun die Entscheidung fallen.
Leider sollte Semisch nun zum tragischen Helden des Spieltages werden.
Mit einem feinen, stillen Zug und einem anschließenden Bauernopfer
hätte er um den gefährdeten König ein Mattnetz spinnen können.
Nur unter Opfer der gegnerischen Dame wäre ein Matt zu verhindern
gewesen. Leider hatte er mit seinem ähnlichen Plan, in dem der Bauer
ebenfalls geopfert wurde, einen starken Gegenzug seines Gegners übersehen.
Somit konnte er zwar mit Damenabtausch einen der gefährlichen Freibauern
zurückgewinnen und in ein schlechteres, aber nicht unbedingt gutes
Endspiel einlenken. Besonders tragisch war hierbei, daß auch Remis
durch Dauerschach möglich gewesen wäre. Nach diesem kräftezehrendem
Mittelspiel war zu erwarten, daß das komplizierte Endspiel durch
einen Fehler eines der Konkurrenten beendet werden würde. Leider kam
Semisch nach einem unnötigen Zwischenzug in Zugzwang und mußte
den gegnerischen König in seine Stellung eindringen lassen. Mit dieser
Unterstützung gelang Schwarz dann die Umwandlung seines Bauern in
eine Dame und so der Sieg.
Damit stand es 4:4 und beim Gegner war der Jubel groß. Lange
Gesichter dagegen bei den Lokspielern. Sollte im weiteren Verlauf der Saison
noch ein solch leichtfertiger Punktverlust erfolgen, könnten die Aufstiegsträume
schneller der Vergangenheit angehören als befürchtet.
Bereits die nächsten beiden Runden gegen Trusetal und anschließend
Mitfavorit Suhl sind hier richtungsweisend.
Peter Lehmann